DIE FAMILIE
Die Firma Richard Mahr wurde im Jahr 1900 von dem aus Steinach / Thür. stammenden Richard Mahr (1876 - 1952) in dessen Elternhaus in der Räumstraße 35 gegründet.
Richard Mahr, der einzige Sohn des Steinacher Holzarbeiters Christoph Carl Mahr, wurde in Schichtshöhn, dem Wohnort seiner Mutter Lisette Mathilde geboren. Bald nach seiner Geburt gingen die Eltern nach Steinach, dem Heimatort des Vaters. Hier besuchte Richard die Schule. Bei Rudolph Apel in Oberlind lernte er den Beruf des Figurenmalers.
Seiner Lehre schloß er eine Ausbildung über die Herstellung anatomischer Lehrmittel in Berlin an. Unterschiedlichste Anstellungen, unter anderem in einer Porzellanmanufaktur, folgten.
Am 15. April 1900 heiratete Richard Mahr, die aus Lauscha stammende, Minna Köhler. Die beiden hatten 7 Kinder.
DIE FIRMA
Das Haus in Steinach wurde in den ersten Jahren sowohl zum Wohnen als auch zum Arbeiten genutzt. Es war ein für diese Gegend klassischer Familienbetrieb.
Die Belegschaft bestand am Anfang nur aus Richard Mahr und seiner Frau. Sicher haben auch seine Eltern mitgeholfen. Abnehmer der damals gefertigten Produkte waren die in Sonneberg ansässigen Verlegerfirmen aus dem In- und Ausland.
Richard Mahr schuf die Modelle für seine ersten Figuren selbst. Voraussetzung dafür war eine exzellente Ausbildung: in der plastischen Formgebung durch den Beruf des „Modellbauers für anatomische Lehrmittel“ und als Figurenmaler in Personalunion.
Um 1910 waren bereits 10 Arbeiter und 1 Lehrjunge in der Firma beschäftigt.
DER GESTALTER - JULIUS WEIGELT
Etwa 1920 trat der, aus Steinach stammende, Modelleur Julius Weigelt (1901 - 1982) in die Firma ein.
Er hatte an der Industrieschule in Sonneberg gelern. Von da an, fertigte er die Modelle für das gesamte Figurenprogramm allein. Während die Modelle von Richard Mahr in ihrer, ohne Zweifel tadellosen, qualitativ hochwertigen Gestaltungen noch ehr an den Nazarenerstil des 19. Jahrhunderts erinnerten, orientieren sich Weigelts Modelle mehr an einem heimatlichen und volkstümlichen Stil, wie er ab den 20er Jahren beliebt war und unter anderem auch von Josef Bachlechner in Tirol vertreten wurde.
ÜBER DAS WERK
Bewegte Bilder sagen mehr als 1.000 Worte. Deshalb sind wir vor einiger Zeit mit der Kamera durch unsere Produktuin gezogen, um Ihnen zu zeigen, mit wie viel Handarbeit und Hingabe eine Figur entsteht.
DER AUFSTIEG - FIRMENGEBÄUDE
1924 entschloss man sich, ein eigenes Firmengebäude zu bauen. Dies geschah durch die Aufstockung des Mahr´schen Elternhauses um ein Stockwerk und den Anbau eines, sieben Fensterachsen umfassenden, Werkstatt- und Lagergebäudes.
Der Neubau - kurz nach dem 1. Weltkrieg und der Wirtschaftskrise entstanden - beweist, dass die Entwicklung des Betriebs rasant verliefs.
In den 30er Jahren hielt der Erfolg der Firma unvermindert an, so dass 1936 eine Erweiterung des Firmengebäudes notwendig wurde. Die Bauarbeiten gingen sehr schnell voran und dauerten von März bis August.
Der 14 Fensterachsen umfassende Anbau galt damals als das größte und modernste Industriegebäude in Steinach.
DER FALL - 2. WELTKRIEG
Mit Beginn des 2. Weltkriegs wurde der stetigen Expansion der Firma seit der Gründung im Jahr 1900 ein jähes Ende bereitet. Lieferungen von Heimarbeitern sind in einem Auslieferungsbuch bis Ende Dezember 1939 erfasst.
1940 wurde die Produktion der MAROLIN®-Figuren völlig eingestellt, da die männlichen Mitarbeiter zum Kriegsdienst herangezogen wurden.
Nach 1945 schien die Firma aufgrund der raschen Wiederherstellung der alten Geschäftsbeziehungen zunächst an den Erfolg der Vorkriegsjahre anknüpfen zu können und man war voll guter Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft.
Die Bildung der zwei deutschen Staaten sollte aber die weitere Geschäftsbeziehung stark behindern. Erschwerend kam hinzu, dass die seit 1944 eingefrorenen Preise erst ab 1970 schrittweise dem realen Niveau angeglichen wurden.
DER BRAND - DIE TRAGÖDIE
Am 06.06.1958 kam es zu einer weiteren Tragödie in der Firmengeschichte:
Der Dachstuhl des Firmengebäudes sowie der Kistenschuppen, große Teile der Lagerräume und die Garagenaufbauten fielen dem Feuer zum Opfer. Die Flammen, der Rauch und vor allem das Löschwasser zerstörten größere Mengen von Rohlingen und die gesamten Lagerbestände - und dies kurz vor der Auslieferungen für das kommende Weihnachtsgeschäft erfolgen sollte.
Auch die Wohnräume der Familie Mahr im ersten Stock mussten vollständig geräumt werden.
Die Brandursache ist bis heute ungeklärt.
Es dauerte über zwei Jahre, bis die Schäden behoben waren und wieder Normalität einkehrte.
DER VERLUST
In den Folgejahren geriet die Herstellung von Krippenfiguren und Devotionalien mehr und mehr in den Hintergrund.
Man hatte schon frühzeitig damit begonnen, die Mutterformen christlicher Figuren aufgrund fehlender Nachfrage zu vernichten. Auf diese Weise ist ein großer Teil der frühen Modelle, vor allem die des Firmengründers Richard Mahr, verloren gegangen. Viele können heute nur noch auf Bildern bewundert werden.
Nach der Enteignung der Firma im Jahr 1972 setzte sich die Vernichtung von alten Formen unter dem neuen Eigentümer fort.
Man schätzt, dass etwa ein Drittel der alten Formen dadurch verloren gegangen sind.
DIE HOFFNUNG
1963 erfuhr das Sortiment der Firma Mahr eine bedeutende Bereicherung durch die Übernahme der Spieltierproduktion der Firma Lineol® aus Brandenburg.
Allerdings hatten die aus einer plastischen Heißmasse gepreßten Figuren auch einen Nachteil: Die starke Rissbildung beim Fertigungsprozeß zog aufwendige Ausbesserungsarbeiten nach sich. Der hohen Bruchanfälligkeit dieser Spielfiguren Rechnung tragend, faßte man 1967 den Entschluß, die Originalmodelle von Lineol® zu verkleinern und die Figuren zukünftig aus Kunststoff in Spritzgußtechnik herstellen zu lassen. Von diesem Zeitpunkt an entwickelten sich die naturgetreu modellierten Tiere und Figuren aus Polyethylen zum wichtigsten Exportartikel der Firma.
Auch heute noch sind die alten Spritzgießwerkzeuge in Gebrauch - vor allem zur Herstellung der Krippenfiguren aus Kunststoff, die in drei Größen produziert werden.
DIE ENTEIGNUNG - FIRMENGEBÄUDE
Unter massivem Druck des Staates wurde zu Beginn 1972 eine staatliche Beteiligung durchgesetzt, die jedoch nur wenige Wochen existierte. Im April folgte dann die Enteignung. In dieser Zeit wurde dem nun „volkseigenen Betrieb“ die ebenfalls verstaatlichte Firma Christoph Berger angegliedert. Bis 1975 blieb der Betrieb, der jetzt unter dem Namen VEB MAROLIN-Plastik firmierte, relativ selbständig.
Im VEB PLAHO Steinach verlor er schließlich die Selbständigkeit ganz. Bis 1974 hatte der VEB MAROLIN-Plastik noch einen eigenen Stand auf der Leipziger Messe und beteiligte sich vorerst zum letzten Mal an der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg. In dieser Zeit arbeiteten etwa 110 Menschen im Betrieb, davon waren 30 Personen als Tiermaler in Heimarbeit beschäftigt.
DIE HINTERLASSENSCHAFT
In der Zeit von 1972-1990 wurden vom neuen Besitzer der ehemaligen Firma Mahr unter der Regie der sozialistischen Planwirtschaft nur wenige Investitionen getätigt. Noch vorhandene Produktionsmittel wurden abtransportiert, so daß der Betrieb regelrecht demontiert wurde.
Die Schäden an der baulichen Substanz, die in der volkseigenen Ära durch Vernachlässigung und mangelhafte Reparaturen entstanden, konnten trotz umfangreicher Rekonstruktionsmaßnahmen nach der Reprivatisierung bis heute nicht vollständig behoben werden. Sie werden die Firma noch auf Jahre hinaus finanziell belasten.
Vor allem aber die Zerstörung und Vernichtung der alten Modelle und Modellformen verursachten eine bis heute nicht zu schließende Lücke.
DER NEUBEGINN
Nach der Reprivatisierung im Juni 1990 standen die damaligen neuen, alten Geschäftsführer Walter Greiner und Karlheinz Luthardt vor einer heruntergewirtschafteten Firma. Neuaufbau und Überleben des Betriebes waren nur durch die Idee möglich, mit den noch vorhandenen Resten der ehemals so erfolgreichen Produktion von Papiermaché – Figuren erneut zu beginnen.
Durch Zufall entdeckte man bei Aufräumungsarbeiten die alte, verloren geglaubte Rezeptur der Original – MAROLIN® – Masse auf einer Kellertür. Somit war der Start zur Wiederbelebung dieser traditionellen Handwerkskunst gegeben. Die Figuren aus Papiermaché haben sich wieder zu einem festen Bestandteil des Firmensortimentes entwickelt und die noch bestehende Produktion von Spieltieren und Krippenfiguren aus Kunststoff von deren Spitzenposition verdrängt. Wie bereits in den 20er Jahren finden MAROLIN® - Figuren ihre Käufer in aller Welt.
NACHRUF - WALTER GREINER
Walter Greiner hat, nach dem er die Reprivatisierung beantragt und durchgesetzt hatte, mit hohem fachlichen Wissen und Können den Betrieb richtungsweisend beeinflußt. Sein Tätigsein auf den Spielwarenmärkten der Welt im Auftrag des ehemaligen Spielwarenkombinates machte es nach der Wende möglich, internationale Vertriebswege ohne Verzögerung aufzubauen und zu erweitern. Walter Greiner war von früh bis spät in der Firma tätig und legte bei allen Arbeiten selbst Hand an. Nach vier Jahren unermüdlichen Schaffens konnte er gemeinsam mit seinen Mitstreitern den Erfolg erkennen. Die Firma hatte nunmehr - nicht zuletzt auch durch das handwerkliche Geschick, die Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter - in einer schwierigen Zeit des Neuaufbaus auf den Weltmarkt zurück gefunden.
Im Sommer 1994 auf dem Heimweg von einer Lieferfahrt ins Erzgebirge kam Walter Greiner durch einen tragischen Verkehrsunfall ums Leben.
90ER JAHRE
Mit 25 Mitarbeitern wurde die Firma Richard Mahr GmbH in Steinach ein Beispiel dafür, daß auch im Zeitalter der Hochtechnologien alte handwerkliche Traditionen ihren Bestand haben.
Aufträge aus allen Ländern der Europäischen Union sowie aus Nordamerika zeugten bereits kurz nach der "Wiederbelebung" der Figuren von der großen Nachfrage. Richtungsweisend waren auch neue Vermarktungstechnologien wie zum Beispiel die Nutzung des Internets.
Oberstes Prinzip ist und bleibt auch in Zukunft, daß sich alle Produkte der Firma Richard Mahr GmbH durch ihre handwerkliche Fertigung von der Massenproduktion abheben. Liebhaber und Sammler aus aller Welt schätzen die feine Detailierung und Farbgebung der Figuren aus Papiermaché.
2000ER JAHRE
Die beständige Nachfrage nach den Original MAROLIN® - Artikeln gewährleistete ein zwar langsames, jedoch gleichmäßiges Wachstum der Firma.
So konnten in den Jahren nach 2000 die Arbeitsräume umfangreich saniert werden und neben dem im Jahr 2006 entstandenen Werksverkaufräumen wurde ein kleines Museum eingerichtet, dass den Werdegang der Firma eindrucksvoll dokumentiert.
Im Jahr 2011 wurde das MAROLIN® Sortiment um Nostalgischen Christbaumschmuck ergänzt.
HEUTE
Auch heute ist das Familienunternehmen noch im Besitz der Gründerfamilie, die Enkelin des Firmengründers, Evelyn Forkel, hat die ehrwürdige Aufgabe übernommen und führt das Unternehmen bereits seit mehreren Jahren.
Im Jahr 2023 sind 10 festangestellte Mitarbeiter im Unternehmen, die mit Ihren Geschick die Figuren zu etwas ganz besonderen machen.
Seit 2019 zählen nicht nur Dekorationsartikel zu unserem Standardsortiment, sondern auch Inneneinrichtungsgegenstände, wie Beispielsweise Lampen in verschiedenen Ausführungen.
Wir sind auch weiterhin bestrebt den Nostalgischen Christbaumschmuck mit weiteren "alten" Formen zu erweitern.
Auf mehrere Anfragen hin, konnten wir im Jahr 2023 eine weitere Neue Produktrichtung in unserem Sortiment aufnehmen. Somit zählen nun auch Halloweenkürbise, Hexen und Geister zu einen festen Bestandteil von MAROLIN®.